von Stephan Rodtmann
Eine Erzählung eines Ur-Godorfer Rheinschwimmers habe ich ganz einfach transkribiert. Es waren nur minimale editorische Änderungen nötig, so lebendig und emotional sprudelt die Geschichte hervor. Herr P. schildert das Leben in der unmittelbaren Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges als jugendlicher „An-Rheiner“:
Sonntags mittags gegen 1 Uhr traf sich die Dorfjugend am Rhein – zum Teil auch die Familien und die älteren Leute, alle kamen zum Rhein. Zwischen dem Leinpfad und dem Wasser lag eine wunderschöne Wiese, kurz unterhalb des Hafens. Das hat man mittlerweile alles weggebaggert, vom jetzigen Radweg bis zum Wasser. Zur Flußbefestigung hat man dort Basaltbrocken hin gekippt. Danach war die Wiese natürlich kaputt. Wir fuhren dort mit dem Fahrrad hin, oder gingen zu Fuß, gingen am Bahnhof vorbei und da gab es einen Bauern. Der hatte eine Riesenobstgarten und wenn das die passende Zeit war, haben wir den noch besucht und Marschproviant abgeerntet. Einmal haben sie dort meinen jetzigen Schwager erwischt und dann hat man ihn in den leeren Schweinestall gesperrt, acht Stunden.
Wenn dann am Rhein so die richtige Truppe zusammenkam, so mindestens 10 Mann, haben wir immer nach einem Schiff Ausschau gehalten, das den Rhein hoch kam. Damals wurden noch viele Schiffe mit Briketts befahren und mit Dampf betrieben und es qualmte so stark am Schlot heraus, daß wir schon früh sahen, wenn von Sürth aus ein Schleppzug kam. Wenn der Schlepper so auf Höhe von Sürth war, sprangen wir in den Rhein und sind dem entgegen geschwommen, dann auf das erste Schiff. Wir ließen uns dann mit nach stromaufwärts nehmen. So ein langer Schleppzug hatte bis zu 8 Kähne, da sind wir halt immer ins Wasser gesprungen und haben uns auf den Nächsten gezogen und immer so weiter. Kein Godorfer ist am Rhein ertrunken. Wenn Sie richtig schwimmen, zügig schwimmen und dabei flach im Wasser liegen werden sie nicht hinunter gezogen. Wenn sie aber im Wasser „stehen“ und dabei quasseln und nur ein bisschen paddeln, dann kann man natürlich nach unten gezogen werden. Mich hat noch kein Strudel ‚runter gekriegt. Man soll aber nicht gegen einen Strudel arbeiten. Ich ließ mich öfter mal einfach ‚runterziehen, der Rhein ist doch nur ein paar Meter tief und wenn ich unten auf dem Grund angekommen bin habe ich mich einfach abgedrückt und war schnell wieder oben. Das Wasser ist „stichedüster“, da kann man nicht gucken. Leute, die nur im Schwimmbad geschwommen sind, denen fehlt die Sicherheit im offenen Wasser. Wenn ich die in den Rhein schmeiße, die versaufen – aus Angst, Panik, das ist nur eine Kopfsache. Wenn sie richtig schwimmen können, ist es angenehmer im Rhein zu schwimmen als im Schwimmbad. Dann können sie sich aufs Kreuz legen und mal so eine halbe Stunde treiben lassen.
Wir ließen uns oft bis nach Wesseling schleppen, bis zur Rohrbrücke der UK (jetzt Shell). Oft sind wir auch an der Rheinpromenade an Land gegangen. Das Unangenehmste war es hinter der Rheinpromenade im Seichten an Land zu gehen. Dort war es sehr schlammig und der Matsch zwischen den Zehen, der hat mich immer so angeekelt, dass ich bis ins ganz Flache geschwommen bin. Wir sind dann die Promenade zu Fuß ‚runter getippelt und da gab es früher noch die Parkwächter, die haben gleich mit dem Stock gedroht. Dat woren ja alles ahl Rentner, die kamen dann hinter uns her. Wir sind dann auf die Anlegestelle der Köln-Düsseldorfer geflüchtet, mit einem Kopfsprung in den Rhein und auf die andere Seite geschwommen. Auf der anderen Seite haben wir dann die Fleischbeschau gemacht. Da lag alles voll! Das war einfach wie ein Strandbad. Da wo jetzt die Pappeln stehen war früher immer wieder ein Stück Wiese und ein Streifen Sand. Da war immer eine Masse Volk. Wir liefen dort am Rheinufer vorbei, immer am Wasser entlang durch den schönen Sand bis zu einer bestimmten Stelle. Von dort aus mußte man losschwimmen, um genau an der Stelle heraus zu kommen, wo wir ins Wasser gegangen waren. Dann war es aber manchmal sechs, sieben Uhr abends, von mittags an.
Die alte Truppe, wir alten „Germanen“ haben uns Jahre später in Godorf auf dem Schützenfest getroffen. Da kamen wir auf die Frage: „Warum machen wir das nicht alles noch einmal?“ (Ich war damals so circa 35 Jahre alt.) Es gab sofort von allen Seiten Zustimmung. Das Schützenfest ist immer an Pfingsten, da wurde früher immer die Saison am Rhein eröffnet. Da war es aber immer noch sch…kalt im Wasser. Wir haben uns dann verabredet für in 4 Wochen sonntags um 10 Uhr bei schönen Wetter. 15 Mann haben sich da getroffen am Rhein, mittlerweile alles schon alte Knacker. Jeder hat sein Kleingeld in die Badehose gesteckt, dann aus dem Stand über der Rhing jeschwomme und drüben in Langel in die Kneipe, dem Kellner das Geld auf die Theke gelegt, „wenn dat Jeld am Eng is, saachste Bescheid“. Dann habe wir dat versoffen und sin widder nach Haus jeschwommen, ohne Training. Wenn die DLRG von Bonn nach Wesseling schwimmt, würde ich sofort mit schwimmen – dat verlernt mer nie!